DER ARZT ALS KÜNSTLER

Kirlian-Fotografie

erschienen in "Medizin + Kunst" Nr. 4 (1993), S. 37-39


Seit Ostrander/Schroeder's "PSI" (1971) ist die Kirlian-Fotografie (auch Hochspannungs-, Korona-, Hochfrequenz-Fotografie) hierzulande bekannt. Das russische Ingenieurs-Ehepaar Semion und Valentina Kirlian hat dieses experimentelle fotografische Verfahren in den 50er und 60er Jahren unseres Jahrhunderts ausgebaut, nachdem die physikalischen Grundlagen hierzu Tesla um 1885 geschaffen hatte. Erstaunlicherweise lassen sich jedoch bereits Aufnahmen aus dem letzten Jahrhundert finden, die typischen Lumineszenzerscheinungen, wie sie der Kirlian-Fotografie eigen sind, aufweisen: Navratil (1889), Baraduc (1896) und Huter (1898) können als Pioniere der Kirlian-Fotografie bezeichnet werden.

Auch die von Baron von Reichenbach (1788-1869) beschriebenen Od-Phänomene müssen dem Erscheinungsbild nach Hochspannungs-Entladungen gewesen sein, nur konnten sie seinerzeit noch nicht im Bild festgehalten werden, Anläßlich der Wiederentdeckung der Hochspannungs-Fotografie, die hauptsächlich in der Anwendung bei biologischen Objekten viele Interpretationen zuläßt, entbrannten Diskussionen über die Deutung dieser Phänomene:

Gewagte Behauptungen sprachen von "Lichtbildern der Seele", wenn mittels der KirlianFotografie scheinbar die Aura eines Menschen sichtbar gemacht werden konnte. Nüchterne physiologische Analysen lassen allerdings die Seele aus dem Spiel, denn die Aura-Entladungen können mit jedem biologischen und nichtbiologischen

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Objekt hergestellt werden, solange nur eine gewisse elektrische Leitfähigkeit des Versuchsobjekts vorliegt.

Der eigentliche physikalische Vorgang der Kirlian-Fotografie besteht in einer "kalten Elektronen-Emission" vom Objekt zu einer isolierten Metallplatte, die mit einem Hochspannungsgenerator beliebiger Frequenz (ca. 20-20 000 Hz) verbunden ist. Während und infolge des Entladungsvorganges wird das zwischen Objekt und Metallplatte befindliche lichtempfindliche Material belichtet: Man benötigt also bei der Herstellung von Kirlian-Aufnahmen keine Kamera.

Ein lebender Organismus ist während verschiedener Phasen eines Tages - abhängig von all den biologischen Rhythmen und Stoffwechselvorgängen - in unterschiedlicher "biologischer Verfassung";

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daraus resultiert, daß Kirlian-Fotografien, aufgenommen zu verschiedenen Tageszeiten, jeweils variierende Ergebnisse erbringen.

 

Hieraus lassen sich z. B. beim Menschen wiederum Rückschlüsse auf den aktuellen Zustand der körperlichen Verfassung ziehen - in grober Weise auch auf die seelische, deren Verknüpfung ja bekannt ist.

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Wenn man den Berichten Glauben schenken darf, ist in den Ostblockstaaten (besonders in Rußland) die Entwicklung der Kirlian-Fotografie- staatlich gefördert - schon so weit gediehen, daß mittels Kirlian-Untersuchungen eine medizinische Frühdiagnostik bei manchen Infektionen und sogar bei einigen Krebsformen möglich sein soll; ähnliche Fragestellungen befassen sich mit Problemen in der Landwirtschaft.
Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Aspekte solcher Untersuchungen kann man allerdings nur spekulativ beurteilen.

Eine große Problematik der Kirlian-Fotografie ist die Schwierigkeit, zu wiederholbaren Ergebnissen zu kommen; Aufnahmen auch vom gleichen Objekt innerhalb nur kurzer Zeit können sehr variabel sein. Dies liegt darin begründet, daß es sich bei biologischen Objekten um komplexe Systeme handelt, die mit vielen veränderlichen Größen ausgestattet sind, die selbst wiederum kontinuierlichen Einflüssen unterliegen.

Beim Menschen ist z.B. der Hautwiderstand einem vielfältigen Regelkreis von neuro-physiologischen Faktoren unterworfen; der Hautwiderstand bzw. die elektrische Leitfähigkeit variiert bei Veränderungen der Hautdicke (Auflagedruck), des Wasser- und Salzgehalts, der Durchblutung, usw. Diese wiederum ist von den Aktivitäten des unbewußten Nervensystems (Vagus, Sympathikus) abhängig. Weitere Beeinflussungen können durch die Einnahme von Genußmitteln wie Alkohol und Nikotin oder durch Medikamente hervorgerufen werden.

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Die erwähnten Widrigkeiten (Aufrechterhaltung von konstanten Versuchsbedingungen) verlieren jedoch ihren Stellenwert, wenn man keine wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse, sondern "nur" ästhetisch ansprechende Aufnahmen erhalten will.

So wird man von immer neuen Effekten des Kirlian-Phänomens überrascht sein, wenn man das entwickelte Fotomaterial in Händen hält, denn die Ergebnisse von Kirlian-Aufnahmen sind nur zum Teil voraussagbar - zum Glück, denn sonst verlöre dieses Verfahren den großen Reiz des Experimentellen.

 


Die in diesem Artikel erwähnte Technik stellt die Basis dar, auf der dann die eigentlichen Lumineszenz-Grafiken - s. Abbildungen - entwickelt werden.


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(C) E. Göhring

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